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Über die Bodenplastik "Leben"

„Leben“ nennt Ahmed Ibrahim seine Bodenplastik, bei der sich mehr als 4.000 aus Gips gegossene Pfeile zu einem Cubus von beachtlicher Größe stapeln. Auf den ersten Blick ist kein Prinzip der Stapelung sichtbar. Die Einzelteile sind beliebig in ihren Nachbarschaften. Richtungen gibt es so viele wie Pfeilspitzen. Dabei ist der einzelne Pfeil nicht nur Symbol für eine Richtung, sondern verbindet auch Gegensätzliches, führt von „hier“ nach „dort“. Gegenläufiges scheint in der Vielzahl der Einzelteile sogar Methode und dennoch bleibt das Chaos der Dynamiken in der strengen Form des Cubus gefangen, dessen Geometrie von den vier Himmelsrichtungen sowie von „unten“ und „oben“ bestimmt wird. Ist diese äußere Form eine objektive Konstante, so birgt jedoch jeder weitere Aufbau der Plastik die Möglichkeit, einer neuen individuellen Kombination der lose aufeinander getürmten Gipspfeile.

Mit der Bodenplastik „Leben“ setzt Ahmed Ibrahim die Beschäftigung mit seinem grundlegenden Thema der Fragmentierung einer Grundform und dem wiederholten Zusammenfügen der durch Teilung entstandenen Module analog zu Naturprozessen fort. Dabei werden innere Strukturen des Aufbaus sichtbar. So sind etwa bei der vierteiligen Arbeit „Pfeile“ quasi isolierte Schichten der Cubusstruktur auf einen farbigen Grund übertragen worden. Plötzlich an die Wand gehängt, richtet sich der Blick aus einer anderen Perspektive auf die Anordnung der Pfeile, die sich mal ungeordnet, dann eher in strudelförmiger Bewegung befindlich präsentieren. Zum spannungsreichen Kontrast von blendendem Weiß und starkfarbigem homogenen Hintergrund kommt das subtiles Spiel von Licht und Schatten hinzu, das daran erinnert, dass es sich hier keinesfalls um Bilder, sondern um Reliefs handelt. Verbleiben die einzelnen plastischen Gipselemente hier noch in einem lockeren Verbund, so hat Ahmed Ibrahim sie bei seinen „Pfeil-Mustern“ nahezu nahtlos und geordnet aneinanderfügt. Es entsteht so etwas wie ein ornamentales Mauerwerk, bei dem die Form in ihrer eigenen Spiegelung und dem damit verbundenen Richtungswechsel variiert wird. Anklänge an Architektur werden wie in vielen Arbeiten von Ahmed Ibrahim wach.

© Jutta Saum M.A., 2005